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Wieviel Raum darf sein?

Wieviel Raum darf sein? - Blog-Beitrag von Fotograf Thomas Bichler / 05.03.2024 17:19

Sustenpass, 21. Juli 2023

Kann man »dem Model viel Raum lassen« auf die Spitze treiben?

Ja, klar.

Man braucht jedoch ein Model mit genug Selbstbewusstsein, um auf einem Bild der Kulisse den Vorrang zu geben und genug Präsenz, um doch dem Foto ihrem Stempel aufzudrücken. Mein Model Kim hat erzählt, dass sie schon als Kind ihr Herz an die Berge verloren hat. Sie kann sich bis heute an ihren ersten Kontakt mit dem rauen Stein der Alpen erinnern, wie sie an einem warmen Morgen gegen eine Felswand gelehnt vor dem Panorama stand und fast meditativ in die Natur eingetaucht ist. »Ich war alles und nichts im selben Augenblick. Ein winziger Fleck im großen Ganzen. Berührt von der Natur, wie von einer tiefen Liebe.«

Am Sustenpass war es an diesem Morgen alles andere als warm. Am Vortag haben wir noch um jedes Fleckchen Schatten gekämpft, haben Stunden damit verbracht in den Alpwiesen zu sitzen und auf Wolken zu warten, mal ins Gespräch vertieft, mal schweigend genießend. Jetzt waren zwar die Wolken da, aber zu viel des Guten. Es gab immer nur kurze Abschnitte, in denen es nicht wie aus Kübeln goss. Während ich unter der Kofferraumklappe sitzend den bis auf die Haut durchnässten Bergsteigern beim fluchtartigen Zurückkommen zuschaute, döste Kim auf der Rückbank im Halbschlaf. Ab und an tat sich eine Lücke in den dichten Regenwolken auf, gab uns für wenige Minuten die Chance die Kamera aufs Stativ zu packen und ein Foto zu schießen. Aber es hatte kein gutes Licht. Model, Bergflanken und Wolken verschmolzen zu einer konturlosen Masse.

Endlich schob sich eine Wolkenwand über den Steingletscher nach oben und legte sich wie ein Vorhang hinter Kim – genau so, dass die wilden Felszacken im Grat zum Chli Sustenhorn noch zu sehen waren und breit genug, um sie von der Bergflanke dahinter abzuheben. Das war der Moment auf den wir lange gewartet haben. Kamera wieder aufs Stativ stellen, Model auf die andere Talseite und Stoßgebete zum Himmel schicken, dass sich die Nebelwand in der Zwischenzeit nicht auflöst.

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Beim anderen Fotos mit Victoriah haben wir lange überlegt wie groß muss ein Model im Bild sein, dass es noch ein Peoplefoto ist – oder andersherum gefragt, wann wird daraus ein Landschaftsfoto? Je länger wir am Abend nach der Session bei Rösti und Vino überlegt haben, desto besser hat uns das Foto gefallen.

Klar, es ist kein Bild, das am Handybildschirm wirkt. Voll zur Geltung kommt die ganze Wucht der Berge, ohne das Model zu erschlagen, erst an der Wand. Victoriah ist trotz ihres wenigen Raums im Bild der Blickfang. Der zerissene, zu Tal fließende Gletscher im Hintergrund und der aus diesem entspringende Bergbach bilden den Rahmen und führen den Blick, der letztlich an ihr verweilt. Die tiefhängenden, dramatisch ziehenden Wolken des nahenden Sommergewitters haben uns zusätzlich in die Karten gespielt. Die Bergspitze hinter ihr ist so aus dem Bild und lässt sie plastisch gegen den Himmel hervortreten – viel besser als es jede KI hätte freistellen können. Das Bild visualisiert gewollt auch die Kraft der Elemente Erde, Luft und Wasser und wie unbedeutend der Mensch in dieser großen Kulisse ist.

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Beim dritten Bild mit Ely dürft Ihr Euch selbst fragen. 🙂

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