Der Morgen drängt sich scheu mir in die Arme,
der blasse, den noch fröstelt im Gelände,
und schmiegt die kühlen Rücken seiner Hände
ans Herz mir, daß mein Blut sich sein erbarme.
Und erst entweicht, dann wiederkehrt das warme
und weiht ihm willig die begehrten Brände …
Doch schon erblickt er fahl der Kammer Wände –
und läßt mich wieder, nach dem kurzen Harme.
Und siehe da, wer war’s, den seine Nöte
mir zugetrieben oder sein Gelüst,
wer war der Knabe blaß, den ich enthärmte?
Es war die hohe Jungfrau Morgenröte,
die sich an mir die jungen Glieder wärmte, –
und mich nun leuchtend auf die Augen küßt!
Christian Morgenstern