"High Fashion" von Pawel Jaszczuk.

"High Fashion" von Pawel Jaszczuk. - Blog-Beitrag von Fotograf Jens Pepper / 20.06.2018 01:05

Pawel Jaszczuk, polnischer Fotograf mit jahrelanger Lebenserfahrung in Tokyo, sucht das Skurrile und manchmal auch Abseitige, um außergewöhnliche dokumentarisch-künstlerische Bildserien daraus zu machen. Wie so viele Fotografen aus Polen ist auch er noch relativ unbekannt in Deutschland. Nun aber war er Gast auf der Triennale der Photographie in Hamburg. In einer alten, leerstehenden Lagerhalle im Hafen zeigte er seine bereits in der Leica Gallery Warschau ausgestellte Serie "¥€$U$ ". Viele Jahre sammelte er für diese Arbeit christlich-religiöse Motive, die als Nippes und Kitsch in Online-Shops und Andenkenläden weltweit vertrieben werden. Die Jungfrau Maria auf einem Sexy Slip oder der Gekreuzigte als Dildo, dutzende Objekte dienten Jaszczuk als Requisite für seine frechen, teils erotischen Bildinszenierungen, die in unterschiedlichen Formaten an den Wänden der 400-Quadratmeter-Halle zu sehen waren. Ein Seherlebnis, das nicht jedem gefiel. Am Tag nach der Vernissage hing ein großes Werbeplakat am Eingang des Ausstellungsorts in Fetzen gerisse herab. Dabei ist festzuhalten, dass Jaszczuk keineswegs den Skandal sucht, sondern sich, wie eingangs geschrieben, als Dokumentarist sieht. Gereizte Gemüter freilich nimmt er in Kauf.

Wie in Japan die Reaktionen auf Jaszczuks Serie der völlig übermüdeten Salarymen in Tokyo ausfallen, die des Nachts einfach auf den Gehsteigen der Stadt einschlafen, ist mir noch nicht bekannt, aber sein gerade in der ZEN FOTO GALLERY erschienenes Buch "High Fashion", das diese Arbeiten auf 120 Seiten versammelt, ist ein weiteres Beispiel für seine serielle Arbeitsweise. Tag für Tag streifte Jaszczuk durch die nächtliche Stadt, um Geschäftsleute und Angestellte zu fotografieren, die nach langen Arbeitzeiten und oftmals wohl auch Kneipenbesuchen, von Erschöpfung übermannt, einschlafen wo auch immer sie sich gerade befinden, in Hauseingängen, auf Gehsteigen, an Laternen gelehnt oder in Rabatten liegend. Was für uns Europäer komisch anmutet ist in Tokyo kein seltener Anblick und sicherlich Symptom einer überzogenen Arbeitsethik. In "High Fashion" können wir uns unserer Lust am Voyeurismus hingeben und die meist edel gekleideten Herren in ihrer oftmals desolaten Lage anschauen, ohne Gefahr zu laufen selbst unangenehm aufzufallen. Es ist das dritte Buch, das einer Bildserie Pawel Jaszczuks gewidmet ist, nach "Kinky City" und "Everything You Do Is A Balloon". Während die ¥€$U$ -Ausstellung bereits am 17. Juni zu ende ging ist das Buch im ausgewählten Handel erhältlich.

Jens Pepper